17. Etappe EuroVelo10: Abragciems via Melnsils nach Ventspils

13. Juni 2017

Sofern die Blogeinträge hier etwas auf sich warten lassen, liegt das entweder am fehlenden WLAN oder daran dass wir einfach so viele Sachen erleben, von denen wir dann später berichten können. Im konkreten Fall war es eine Mischung aus beidem 😉

36. Tag: Im Nieselregen von Abragciems nach Melnsils, 70km

Nach einer entspannten Nacht wurden die ersten zehn Kilometer etwas nervig: der Himmel konnte sich nicht richtig zwischen Regen und Sonne entscheiden was uns in etwa vier Umziehstopps einbrachte. Irgendwann hatten wir die Nase voll und ließen unser Windoutfit trotz Regen einfach an bis es durchnässt war. Dann rettete uns ein Supermarkt mit Kaffeemaschine [kurzer Exkurs: Bäckereien haben wir weder in Estland noch in Lettland gesehen. Dafür haben Supermärkte die Versorgung mit günstigen Backwaren übernommen und dort gibt es auch Kaffee zum Mitnehmen]. Unter dem kleinen Regenvordach zogen wir viele irritierte Blick auf uns, was uns aber nicht weiter irritierte – fünf Wochen Radfahren härten halt ab.

Damit ging es dann auch weiter durch nicht enden wollende Kiefernwälder. Die Straßen folgten hier einem immer gleichen Muster und ich hatte viel Zeit mir vorzustellen ob hier früher mehrere nebeneinander fahrende Pionierpanzer einfach alles eingeebnet und im Anschluss asphaltiert hatten oder ob -weniger amüsant- diese Aufgabe Arbeitern aus Arbeitslagern zufiel. Die Asphaltdecke war schon in die Jahre gekommen und hätte sicherlich manche Geschichte erzählen können.

Unser Plan sah eine Mittagspause im Restaurant vor da der Campingplatz weder Einkaufs- noch Kochmöglichkeiten bot. Leider dauerte es 45km und drei Städte bis wir in Roja (bekannt aus der griechischen Mythologie) ein geöffnetes Restaurant fanden. Leider war nicht nur der Gastraum sondern auch das Essen kalt – was insbesondere dann blöd ist wenn man zum Aufwärmen einkehrt.

Weiter ging es zu einem Natur-Campingplatz und wir freuten uns auf die im Internet angepriesene Sauna. Leider war an dem Platz exakt niemand und wir vermuteten, dass wir das Sauna-Sanitärhaus nicht nutzen könnten und somit auf die “sehr naturverbundenen” Duschen und Toiletten angewiesen wären. Die Alternative lag 12km weiter und lautete Melnsils, wo ein etwas belebterer Campingplatz lag. Dort konnten wir auch die Outdoor-Sauna nutzen.

Gesamtanstieg: 280 m

37. & 38. Tag: Verfolgt von einem Insektenschwarm bis nach Ventspils

Das Wasser in Melnsils (“100% drinkable”) sah ziemlich trüb aus und wir kochten das erste Mal ab – was den Geschmack aber auch nicht wirklich verbesserte. Glücklicherweise hatte bislang (!) auch noch der kleinste Ort immer einen Mini-Supermarkt gehabt und wir konnten uns mit Trinkwasser und Obst versorgen. Weiter ging es über Kolka entlang der Nordwestküste. Der Plan war im nächstgrößeren Ort (Mikeltornis) Zutaten für das Abendessen zu kaufen und diese dann in der Gemeinschaftsküche des Campingplatzes Liepene zuzubereiten. In Summe wäre das dann eine Strecke von 70km gewesen – doch es kam alles anders…

Rund um Kolka liegt ein Nationalpark und dieser beherbergt eine extrem nervige Bremsen(?)-Art. Schon nach kurzer Zeit verfolgte uns ein immer größer werdender Schwarm dieser nervigen Fliegen, die uns ständig umkreisten und hierbei öfter vor unsere Sonnenbrille oder Gesicht knallten. Zunächst dachten wir dass sie es auf die Banane in unseren Trikottaschen abgesehen hätten. Doch nachdem wir diese gegessen hatten, verfolgten sie uns beide gleichermaßen weiter – was wohl auch die Provianttasche, Shampoo und Duschgel als Verursacher ausschließt. Nach 25km vermutete Nina das Waschmittel als Lockstoff. Doch auch das Anziehen unserer zivilen Sachen und das großzüzige Aufsprühen von Anti-Insekten-Mittel änderte nichts an unserer Attraktivität. Irgendwann akzeptierten wir die Plagegeister, die sich glücklicherweise nicht direkt für uns interessierten (und somit auch nicht stachen) sondern es eher auf unsere Packtaschen und Fahrräder abgesehen hatten. Vielleicht lag es am Blütenstaub – vielleicht liest ja ein Hobbybiologe mit und kann uns aufklären.

Nachdem wir die Schotterstraße nach Mikeltornis geschafft hatten, sahen wir dass es dort neben Zivilisation so ziemlich an allem fehlte – insbesondere an einem Supermarkt. Die anderen Orte auf der Straße verhießen noch weniger Größe und so riefen wir beim Campingplatz an und erkundigten uns nach den nächsten Einkaufsmöglichkeiten. Die lapidare Antwort lautete 25km hinter dem Campingplatz in Ventspils. Na Bravo so sollte aus einer 70km Tour eine 100km Tour werden – dafür hatten wir noch eine Flasche Wasser, eine Packung Kekse und etwas Schokolade. Dabei war es noch Glück im Unglück: das Wetter war super, der Großteil der Strecke war bestens asphaltiert und sowohl Verkehr wir auch Besiedlung erinnerte an Brandenburg.

Da wir die Strecke auf keinen Fall zurück fahren wollten, buchten wir ein Appartment in Ventspils und blieben dort noch einen Tag zur Entspannung.

Gesamtanstieg: 340 m

5 comments

  1. Comment by Tante Örmgard

    Tante Örmgard Reply 14. Juni 2017 at 10:30

    Bleibt tapfer!
    Es gibt auch wieder bessere Zeiten….
    Ihr hättet doch ohne diese Viechters weniger zu erzählen…
    Ich finde eure Berichte spannend und freue mich immer schon auf den nächsten Eintrag im blog. Ist das nicht ein komisches Gefühl, schon wieder Richtung Heimat unterwegs zu sein?
    Ich wünsche euch auch auf den letzten km unfallfreie Fahrt und nette Zeitgenossen, mit denen ihr euch austauschen könnt.
    Liebe Grüße

  2. Comment by Nina

    Nina Reply 15. Juni 2017 at 17:38

    Die Hobby Biologin löst das Rätsel: Die Farben eurer Packtaschen 😉

    • Comment by tim

      tim Reply 18. Juni 2017 at 09:07

      Hm. Das könnte sein denn ein anderer Reiseradler mit roten Taschen war auch sehr beliebt👍

  3. Comment by Captain Obvious

    Captain Obvious Reply 19. Juni 2017 at 23:17

    Mich wundert es das euch der Betreiber des Campingplatzes nichts zu Essen/Zutaten angeboten hat. Nicht Vorhandenes Restaurant hin oder her… Mein Campingplatz wäre da anders😄

    • Comment by tim

      tim Reply 20. Juni 2017 at 09:23

      Da bin ich total deiner Meinung. Gerade wenn drum herum nix ist, wäre so ein kleiner Laden doch bestimmt ein Selbstläufer.
      Lass mich wissen wo du nen Platz aufmachst und ich komme vorbei 🙂

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