27. Tag: Hello Estonia 🙂 Hello Tallinn 🙁
36km, sonnig
Die Nacht in der Fähre ging so. Nina war geschafft und schlief sofort wie ein Stein. Mich hielten die vielen grölenden Mitreisenden auf Trab. Daher war der frühe Wecker für das Frühstück dann weniger tragisch. Anschließend hatten wir noch etwas Zeit auf der Kabine eingeplant – doch die Zeitverschiebung machte uns einen Strich durch die Rechnung und wir mussten schnell packen und runter zu den Rädern. Direkt am Hafen sahen wir auch schon den ersten Radwegweiser mit EuroVelo10-Markierung! Unvorstellbar: das war dann schon das zweite Schild auf unserer gesamten Tour!
Bevor es hiermit aber weiter ging, wollten wir im Zentrum kurz eine Fahrradkarte, Proviant und eine SIM-Karte kaufen. Tallinn selbst erinnerte mich wieder an eine Art Real-Life-Disneyworld: überall Tagestouristen mit Rollkoffern, Fremdenführer in allen möglichen Sprachen und rund herum viel Mittelalter-Klamauk. Der Stadtkern vermittelt von Estland ungefähr so einen präzisen Eindruck wie das Oktoberfest von ganz Deutschland. Also nichts wie raus auf unheimlich schmalen und engen Radwegen.
Hier wurden wir noch kurz von einem Chinesen verfolgt, der uns an der Ampel total interessiert über unsere Tour ausfragte und von seiner Radreise nach Tibet berichtete. Diese Momente sind immer total interessant und wir hatten noch zwei ähnliche Erfahrungen an diesem Tag.
Weiter ging es dank EU-Geldern auf erstaunlich guten Radwegen zu unseren Warmshowers-Gastgebern Marju und Sven. Beide sind Mitte 30, arbeiten im IT-Bereich und in ihrer Freizeit züchten sie Schafe und Enten. Wir fühlten uns sehr herzlich aufgenommen, grillten abends und spielten zwischen Schaf-Scheiße ein paar lustige Runden Badminton. Es ist echt total spannend einen Einblick in das Leben der Einheimischen zu erlangen – vielen Dank dafür!
Lediglich Nina war etwas traurig über die kurze Tagesetappe und befürchtete, dass ihre Beinmuskulatur verkümmert…
28. Tag: Kohila nach Märjamaa, 56km
Der kürzeste Wikipedia-Artikel handelt vermutlich von der Auflistung von Bergen in Estland. Es sind nämlich genau fünf mit Höhen von 212 bis 318m. Entsprechend entspannt kann man hier Rad fahren – wenn der Wind einem nicht gerade ‘nen Strich durch die Rechnung macht. Dafür kann man die weite Aussicht genießen und sieht viele Wälder und Wiesen. Gerade zur jetzigen Jahreszeit sehen diese aus wie ein Meer aus Löwenzahn.
Bei nächster Gelegenheit würde ich gerne einen Einheimischen fragen, warum denn verhältnismäßig wenige Flächen landwirtschaftlich genutzt werden. Liegt es einfach an der geringen Bevölkerungsdichte oder hat es evtl. mit Subventionen zu tun? Leider ist es nicht so einfach eine Antwort auf diese Frage direkt vor dem Supermarkt zu bekommen, da gerade die älteren Esten kein Englisch sprechen/verstehen. Vielleicht ist dies ein Relikt aus Sowjet-Zeiten.
Sonst haben wir glücklicherweise keine Verständigungsprobleme und können ohne Schwierigkeiten unser Hostel-Zimmer in Märjamaa beziehen und abends super üppig für 8€ p.P. Abendbrot essen.
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