22. Etappe EuroVelo10: Gdansk via Ostrowo nach Kluki ins Moorland

26. Juni 2017

48. Tag: kein entspannter Start und dann 50 Shades of Betonplatten als Radweg (76km)

Morgens habe ich für gewöhnlich so schlechte Laune, dass man mir bis zum Frühstück besser aus dem Weg geht. Dies führt im Job mitunter dazu, dass ich Anrufe von Frühaufsteher-Kunden in beidseitigem Interesse ignoriere und nach dem Kaffee zurückrufe.

Vor diesem Hintergrund folgende Geschichte: das Frühstück sollte es im Hostel ab 7:30h geben. Gegen 8.30h klang es noch erstaunlich ruhig und ich schaute mal was sich tut. Das Ergebnis: nix. Da wir alle ja Geld sparen wollen, sind viele Übernachtungsbetriebe gar nicht mehr personell besetzt (siehe mein Bericht zu Oskarshamn). Sofern man Fragen und Nöte hat, soll man doch bitte eine Servicenummer wählen. Genau dies hat in dem Hostel ein anderer Gast getan und es galt die Parole: Hilfe ist unterwegs.

Wir hatten noch Joghurt übrig und begannen diesen mit Müsli zu essen. Dann kam eine sehr hektische, ausschließlich polnisch sprechende Putzfrau in das Hostel gestürmt und holte ein paar essbare Sachen aus den Schränken. Für mich als Laie sah dies so aus als würden sämtliche Reste, die andere Gäste mal vergessen hatten, angeboten. Wir waren dankbar für unsere Notration aus den Campingtaschen… Ob nach so einem Start der Tag noch gut werden kann?!

Bei Nieselregen ging es gute Radwege am Stadtstrand entlang. Wir gönnten uns einen Cappucchino mit Blick auf die See. Wenige Minuten nachdem wir weiterfuhren, fing es richtig an zu schütten und wir pausierten in einem Wald bei Gdynia. Als wir aus dem Ballungszentrum raus waren, wurden die Radwege wieder deutlich schlechter. Entweder waren die aneinandergereihten Betonplatten noch ein Relikt aus Sowjetzeiten oder es ist die charmante polnische Art uns mitzuteilen, was man von den ganzen Fahrradtouristen hält – ich bin mir nicht sicher. In jedem Fall waren die Wege schlecht und das dauernde Gewackel drückt auf die Blase…

Bevor ich jetzt zu sehr über die Wegbeschaffenheit motze, muss ich gestehen dass mir die schlimmste Panzerplatte immer noch lieber ist als die Straße mit polnischen Autofahrern zu teilen. Denn auch hierzu gab es an dem Tag wieder mehrere denkwürdige Ereignisse…

Aus besagten Gründen kürzten wir das letzte Stück durch einen sandigen Wald ab und kamen dann nach Ostrowo, wo wir eine Ferienblockhütte für die Nacht bezogen.

Gesamtanstieg: 509 m

49. Tag: Ostrowo nach Kluki, die vielleicht anstrengendste Etappe, 89km

Das Wetter spielte endlich wieder mit und wir gingen mit frisch gewaschenen Sachen auf die Reise. Nach wenigen Kilometern passierten wir mehrere Küstenorte mit dem schon beschriebenen Costa Brava-Trubel. In den Wäldern wurden die Wege dann häufig sandiger, was uns immer öfter zum Schieben verleitete. Zwischendurch trafen wir auf einen Österreicher, der uns vor dem was noch kommen wird warnte – dazu aber später mehr.

Es folgte Kopfsteinpflaster, Panzerplatte, Pinkelpause, Asphalt und später purer Sand für ca. 2km. Es gab oben am Wegesrand hin und wieder eine kleine Fahrrinne auf dem Gras. Diese ermöglichte ein kurzes, schnelles Fortkommen – im Gegenzug war es schwierig die Balance zu halten und Nina fiel zwei mal hin. Die Laune war entsprechend weit oben angesiedelt. Im nächsten Ort Leba tranken wir nach 55km Kaffee und ich bestellte ein Stück Kuchen. Währenddessen gingen wir die Optionen durch: das Hotel war bereits gebucht und die Stornierung somit kostenpflichtig. Eine Ausweichroute über die Straße würde 60km bedeuten – viel zu viel für das Rad und mit dem Taxi sicher unbezahlbar. Wir entschieden uns für eine Zwischenlösung: die ersten 6km Straße trotz Verkehr und dann fest die Daumen drücken dass es im Wald keinen Sand gibt.

Nun ja, es lief wie geschmiert. Zumindest bis wir im Wald ankamen. Es war eigentlich ein riesiger Sandsee und wir schoben mehr als das wir fuhren. Irgendwann hatte ich die Nase voll und ließ die Luft aus meinen Reifen. Die Pannenschutzfunktion war somit dahin aber wenigstens ging es vorsichtig vorwärts. Nina folgte dem Beispiel und so langsam konnten wir wieder etwas lachen.

Als wir aus dem Wald rauskamen und mehrere Straßenhunde argumentativ überzeugten uns in Ruhe zu lassen, ging es auf der Straße weiter. Dann wieder Kopfsteinpflaster und -Ihr ahnt es- Panzerplatte. Nach 85km und unserem Ziel fast in Sichtweite dann das Highlight des Tages:

Keine Bodenbeschaffenheit für Radfahrer wegen Moor?!

Umkehren war unmöglich und so durchquerten wir das Moor, vor dem uns der Ösi gewarnt hatte. Einige Schlammpfützen waren sporadisch mit Holzlatten passierbar gemacht; andere musste man mit viel Glück durchtreten oder schieben. Irgendwie bahnten wir uns unseren Weg dadurch und kamen völlig erschöpft 20h am Hotel an. Obwohl die Küche gerade geschlossen hatte, bekamen wir noch ausreichend zu essen und wir begossen unsere Heldentat!

Gesamtanstieg: 703 m

2 comments

  1. Comment by Nils

    Nils Reply 26. Juni 2017 at 14:32

    Immerhin hat sich die Reifenwahl bezahlt gemacht. Wäre ja auch schade gewesen

    • Comment by tim

      tim Reply 27. Juni 2017 at 07:15

      Dazu kann Nina bei Gelegenheit mehr erzählen… ich für meinen Teil war einfach froh den Tag geschafft zu haben

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